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Die Suche nach den Wurzeln - Herkunftssuche

Allgemeines

Eine Adoption beschäftigt Adoptivkinder oft ein Leben lang und stellt sie vor vielfältige Herausforderungen. Insbesondere Fragen nach ihrer Herkunft und das Thema "Offenheit" von Adoptionen haben in jüngster Zeit stark an Bedeutung zugenommen. Dies gilt auch für den besonders sensiblen Bereich von politisch motivierten Adoptionen ("Zwangsadoptionen") in der ehemaligen DDR.

Viele der noch nach DDR-Recht Adoptierten sind bis heute auf der Suche nach ihren Wurzeln. Sie verfügen meist nur über wenige Informationen zu ihrer Herkunftsgeschichte sowie zu den Hintergründen für die seinerzeit erfolgte Adoptionsfreigabe. Die Ursachen für bestehende Wissensdefizite sind mannigfaltig. Sie können beispielsweise darauf zurückzuführen sein, dass das Thema Adoption lange Zeit ein Tabuthema war und vielfach bis heute tabubehaftet ist. In Fällen von "Zwangsadoptionen" dürfte dies umso mehr gelten, da naturgemäß niemand der seinerzeit an einer solchen (rechtswidrigen) Handlung Beteiligten ein Interesse an der Offenlegung der Hintergründe und näheren Begleitumstände der Adoption hatte. Ein weiterer Grund hierfür könnte sein, dass in der DDR ausschließlich die früher allgemein üblich gewesenen, sog. Inkognitoadoptionen stattgefunden haben und darüber hinaus auch seitens der Jugendhilfe tendenziell eine eher zurückhaltende Informationspolitik verfolgt wurde (siehe Michael Janitzki, in: "Adoption in der DDR - Biographische Fallrekonstruktionen und Adoptionsvermittlung in Deutschland", S. 88).

Das Adoptivkind hat andererseits - so jedenfalls nach heutigem Rechtsverständnis unstreitig - ein Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Dieses Recht ist Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes [GG] i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) und als solches verfassungsrechtlich geschützt (vgl. BVerfG, Urteil vom 31.01.1989 - 1 BvL 17/87 = BVerfGE 79, 256 - 274).

Adoptierten stehen von Gesetzes wegen verschiedene Möglichkeiten zur Biographieklärung offen.

Einsicht in Adoptions­ver­mitt­lungs­ak­ten

Einen ersten wichtigen Ansatz bei der Herkunftssuche stellt die Adoptionsvermittlungsakte dar.

Gemäß § 9c Absatz 2 des Gesetzes über die Vermittlung der Annahme als Kind und über das Verbot der Vermittlung von Ersatzmüttern (AdVermiG) besteht ein Rechtsanspruch auf Akteneinsicht in die Adoptionsvermittlungsakte.

Ab dem 16. Lebensjahr steht Adoptierten nach § 9c Absatz 2 Gesetz über die Vermittlung und Begleitung der Adoption und über das Verbot der Vermittlung von Ersatzmüttern (Adoptionsvermittlungsgesetz - AdVermiG) ein eigenständiges Akteneinsichtsrecht in diese Akten zu. Eine Zustimmung der Adoptiveltern ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr erforderlich.

Das Akteneinsichtsrecht bezieht sich auf alle Informationen, die Herkunft und Lebensgeschichte der Adoptierten selbst betreffen. Hierzu zählen unter anderem

  • die Umstände der Geburt und der Adoptionsfreigabe
  • das Vorhandensein von leiblichen Geschwistern
  • Angaben über den Beruf, die Herkunft und die Lebenswelt der leiblichen Verwandten (siehe hierzu Dr. Warnecke, in: "Praktische Unterstützung der Herkunftssuchen", S. 2, Ministerium für Bildung, Jugend und Sport [MBJS]). Praktische Unterstützung der Herkunftssuchen

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass das Führen von Adoptionsvermittlungsakten in der ehemaligen DDR keiner bestimmten Systematik unterstellt war, an die sich jeder Adoptionsvermittler halten musste. Es bestand für diese vielmehr in zweierlei Hinsicht ein großer Ermessensspielraum. Zum einen kam dieser Ermessensspielraum bei der Beurteilung von Sachverhalten zum Tragen, die ihr Tätigwerden verlangten. Zum anderen aber auch bei der Beurteilung dessen, welche Informationen und Dokumente sie als "aktenrelevant" bewerteten. Nicht zuletzt infolgedessen schwanken Umfang und Inhalt der Akten teils beträchtlich. Dies hat u. a. die im Rahmen der Vorstudie des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) zu "Dimension und wissenschaftliche Nachprüfbarkeit politischer Motivation in DDR-Adoptionsverfahren, 1966-1990" stichprobenweise durchgeführte Auswertung von Aktenbeständen gezeigt. Viele Adoptionsvermittlungsakten enthalten nur spärliche oder keinerlei weiterführende Unterlagen zur Vorgeschichte bzw. zu den weiteren Umständen/dem familiären Kontext des Adoptivkindes (siehe S. 69 der Vorstudie).

Vorstudie vom 26. Februar 2018

Zu beachten ist weiterhin, dass Adoptierte nur insoweit Einsicht in die Adoptionsvermittlungsakten nehmen, d. h. diese lesen dürfen, als die dort enthaltenen Daten sie selbst betreffen.

Daten, die darüber hinaus gehen und/oder ausschließlich andere Personen betreffen (z. B. die Adresse der leiblichen Mutter oder der Name des als Vater benannten) dürfen dagegen aus Gründen des Persönlichkeitsrechts von den Betroffenen nur dann eingesehen werden, wenn ihr Interesse an der Kenntnis der entsprechenden Daten ein etwa vorhandenes Geheimhaltungsinteresse der anderen Personen ("Dritter") überwiegt.

Die Fachkräfte der Adoptionsvermittlungsstellen sind verpflichtet, vor der Akteneinsichtnahme durch den Adoptierten alle Informationen über personenbezogene Daten, die nicht vom Akteneinsichtsrecht umfasst sind, zu entfernen oder unkenntlich zu machen. Auch eine nur teilweise Gewährung einer Akteneinsicht ist möglich, sofern die Adoptionsvermittlungsstelle bei der von ihr vorzunehmenden Interessenabwägung zu dem Ergebnis gelangt, dass überwiegende Belange von betroffenen Dritten einer vollständigen Akteneinsichtnahme entgegenstehen.

Eine vollständige Akteneinsicht wäre sonst nur dann möglich, wenn die betroffenen Dritten ihr Einverständnis dazu erklären würden.

Die Einsichtnahme in Adoptionsvermittlungsakten erfolgt regelmäßig in Begleitung einer Fachkraft.

Eine Herausgabe der Akte an Adoptierte oder deren Bevollmächtigte (z. B. Rechtsanwalt, kommerzieller Suchdienst) ist nicht vorgesehen. Soweit ein Einsichtsrecht in die Adoptionsvermittlungsakten besteht, können jedoch Kopien angefertigt und ausgehändigt werden.

Einsicht in Personenstands­bü­cher/Geburts­eintrag

Adoptierte können sich im Rahmen ihrer Biographiearbeit ferner auch an das Standesamt wenden, das ihre Geburt beurkundet hat.

Ein (eigenständiges) Recht auf Einsichtnahme in die Personenstandsbücher bzw. den Geburtseintrag (§§ 61 Abs. 2, 21 Personenstandsgesetz [PStG]) besteht für Adoptierte ebenfalls - wie bei den Adoptionsvermittlungsakten - ab dem 16. Lebensjahr.

Aus dem Geburtseintrag bzw. aus der bis 2008 ausgestellten Abstammungsurkunde* gehen in der Regel die leiblichen Eltern, zumindest aber die leibliche Mutter, hervor (Ausnahmen: Findelkinder, anonyme Geburt, vertrauliche Geburt). Neben Namen und Geburtsdatum der leiblichen Mutter/Eltern sind dort auch deren Wohnort zum Zeitpunkt der Geburt (des Kindes) vermerkt. Weiterführende Angaben, etwa Informationen über die konkreten Adoptionsumstände können aus den Personenstandsbüchern hingegen nicht entnommen werden.

* Nach der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden alten Fassung des Personenstandsgesetzes (PStG) galt, dass Verlobte bei der Anmeldung der Eheschließung dem Standesbeamten u. a. ihre Abstammungsurkunde vorzulegen hatten. Die Abstammungsurkunde enthielt einen Hinweis sowohl auf die leiblichen Eltern als auch auf die Adoptiveltern. Die Tatsache der Adoption wurde also spätestens dann dem Adoptierten wie auch dem Ehegatten bekannt. Der Hinweis auf die Adoption entfiel mit Inkrafttreten des reformierten Personenstandsgesetzes am 1. Januar 2009. Bei einer Eheschließung in der DDR war die Vorlage einer Abstammungsurkunde nicht erforderlich.

Sonstige Recherche- und Informationsmöglichkeiten

Sonstige Recherche- und Informationsmöglichkeiten

Aufschluss über die eigene Herkunft und darüber hinaus über die Umstände der Adoption können sich auch aus einem gegebenenfalls vorhandenen gerichtlichen Adoptionsbeschluss ergeben. Insofern können sich Adoptierte an das Amtsgericht wenden, welches örtlich für den Wohnort der Adoptiveltern zum Zeitpunkt der Adoption zuständig ist.

Hinweise zur Familiengeschichte des Adoptierten lassen sich möglicherweise auch in einer eventuell (noch) vorhandenen Jugendhilfeakte über die leiblichen Eltern beim für den Wohnort der leiblichen Eltern örtlich zuständigen Jugendamt finden.

Ein Recht auf Akteneinsicht besteht hier ggf. jedoch nur dann, wenn der Name des Adoptierten aus der Akte hervorgeht. Im Übrigen unterliegt die Einsichtnahme in Jugendhilfeakten sehr strengen datenschutzrechtlichen Bestimmungen, die es seitens der aktenführenden/aktenaufbewahrenden Stelle zu beachten gilt.

Akten, die im Vorfeld einer Adoption ggf. im Referat Jugendhilfe/Heimerziehung geführt worden sind (z. B. Vormundschaftsakte), unterlagen einer Aufbewahrungsfrist von 30 Jahren. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich teilweise in Archiven auch noch nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen Akten ermitteln lassen. Es kann ferner sinnvoll sein, dort auch nach Vormundschaftsakten zu fragen.

Sofern eine "Stasi-Akte" über die leiblichen Eltern und/oder die Adoptiveltern existiert, haben -nach deren Tod- Adoptierte grundsätzlich auch insoweit einen Anspruch auf Akteneinsicht. Sie müssen dazu ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen und schlüssig darlegen, dass sie mit Hilfe der in diesen Akten eventuell vorhandenen Unterlagen, staatliches Unrecht, welches im Zusammenhang mit dem DDR-Regime steht bzw. stand, aufarbeiten möchten.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die Stasi-Unterlagen mit Wirkung vom Juni 2021 in das Bundesarchiv überführt wurden.

Die besonderen Zugangsregeln für die Stasi-Akten, die im Stasiunterlagengesetz (StUG) festgeschrieben sind, wurden beibehalten.

Nicht zuletzt können Adoptierte Kontakt zu den staatlichen Archiven aufnehmen, in deren örtlichen Zuständigkeitsbereich die leiblichen Eltern bzw. Adoptiveltern gelebt haben. In diesen Archiven lagern u. a. für archivwürdig erkannte Unterlagen der SED, die ihnen möglicherweise bei ihrer Biographieklärung weiterhelfen können.

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